Dezember 2015 - Pastor Persönlich

 

Das war jetzt aber schön!






 


So viele Begegnungen und Erlebnisse im zurückliegenden Jahr waren schön. Diese Zeilen schreibe ich, nachdem die ruhigen Weihnachtstage nun vorbei sind und ich heute morgen mal wieder viel zu früh aufgewacht und die Treppe runtergeschlichen bin. Mit einem Kaffee sitze ich auf dem Sofa, habe erst ein wenig gelesen und sitze jetzt im Schimmerschein des Tannenbaums auf dem Sofa (das seit drei Wochen dauerhaft mit einem dunklen kuscheligen Schafsfell bedeckt ist – wegen des dicken Loches im Stoff; ist echt urgemütlich!).

Als ich also heute Morgen die Treppe runtergeschlichen bin, dachte ich, dass ich mal wieder ein paar Zeilen „Pastor persönlich“ schreiben könnte. „Das war jetzt aber schön!“  fiel mir als erster Satz auf der untersten Treppenstufe ein. Und eigentlich wollte ich damit nur verbinden, dass ich wunderschöne Weihnachtstage hatte. Kaum hatte ich den (oder das?) Laptop jedoch aufgeklappt, dachte ich: „Eigentlich war so Vieles im vergangenen Jahr schön, dass das eine Rückblicküberschrift sein könnte.“ Nein, ich schreibe jetzt kein halbes Buch. Aber der Gedanke kam mir eben.

Die Weihnachtstage, die waren jetzt aber wirklich schön! Sie begannen mit dem Besuch einer Grünkohlfahrt, die bei uns am Haus Halt machte. Ein Dutzend junger Männer mit Schnapsgläsern um unser Lagerfeuer. Und es gab nicht nur Mineralwasser ... . Danach dann noch am späten Abend des 23. meine ersten Vorbereitungen für den traditionellen Putebraten für den 24.. Alles ganz gemütlich. Dann eine gute Predigt am Heiligabend. Das will schon was heißen. Nein, nicht von mir. Mein Kollege Martin hat gut gepredigt (am Sonntag war er jedoch noch besser. Echt irre, was er so nach den Feiertagen noch gebracht hat. Da war nichts Abgestandenes oder Aufgewärmtes drin. Frisch und griffig. Respekt vor allen KollegInnen, die Sonntag für Sonntag predigen und dabei so frisch, neu und begeistert bei der Sache des Evangeliums sind).
Der Heiligabend dann mit Pute, Geschenken und viel Palaver. Wie schön, dass meine Eltern im Haus wohnen und einfach dabei sein konnten und wie schön, dass Salman bei uns wohnt. Der hat in diesem Jahr unser Weihnachtsfest besonders bereichert. Das war jetzt aber besonders schön! Wir haben viel mit Salman gelacht und er hat es offensichtlich genossen, dass bei uns so viel los war. Im Laufe der Tage waren alle Kinder samt ihren Freunden/ Freundin da, meine Schwägerin, meine Eltern, eine  befreundete Familie mit ihren drei Mädels, wir waren bei meinen Schwiegereltern zu Gast, eine Jugendfreundin von mir schaute nach über 30 (!) Jahren vorbei (das war total schön: Wir hatten, als wir so 16 oder 18 waren sehr viel miteinander zu tun, haben Wochenenden miteinander verbracht, waren gemeinsam auf Tour und haben uns jetzt erstmals wieder gesehen. Und ja, es war, als hätten wir uns gerade erst gesehen. Einfach toll. Das habe ich sehr genossen) und gestern waren wir dann noch bei einem Freund zur entspannten Geburtstagsfeier. Einfach nur schön, so viele tolle Menschen zu kennen und ein paar Tage lang das Miteinander zu genießen. Aber wie gesagt, Salman hat unsere Weihnachtstage besonders besonders gemacht.

Aber auch das war besonders schön, als meine große Tochter dann endlich zu den Weihnachtstagen nach Hause kam. Oder: Als sie in ihr altes Zuhause kam. Denn offensichtlich fühlt sie sich mit ihrem Freund in Berlin zuhause. Wie schön ist das denn? Dass Kinder ihr eigenes Ding machen und dabei glücklich sind. Dennoch: Es ist dann schon schön, wenn die „Kleine“ mal wieder da ist. Sie hat so ihre eigene Art. Ach, seufz .... .

Das war aber schön, als ich vor den Weihnachtstagen – es waren wohl der 18. und 19. Dezember – zweimal mit meinem Sohn kiten war. Er hat den Bogen jetzt fast voll raus und brettert los wie ein erfahrener Kiter (na ja, an ein paar kleinen Stellschrauben muss noch gedreht werden). Normalerweise steigen Kinder ja nicht so voll auf das ein, was ihre Eltern so machen, aber hier scheint eine Ausnahme vorzuliegen. Und schön war es auch als Rike am Heiligabend über ihre Nähmaschine strahlte. Sowieso ist sie eine Ansammlung von ‚Strahlen’. Sie ist so herrlich munter und lebenszugewandt, dass ich mich immer nur freuen kann. Wenn es zwischen und mal kracht – was wohl einigermaßen normal ist bei alternden Vätern mit knapp 18jährigen Töchtern - , dann ist sie diejenige, die kurze Zeit später wieder strahlend auf mich zukommt. Einfach schön!

Na ja, und ich strahle auch immer, wenn ich an Stine denke (das wird hier ja heute fast so etwas wie ein Familienbrief, den viele Leute zu  Weihnachten verschicken; ich habe mich immer dagegen gewehrt, dass wir solche Briefe verschicken, weil ich erstens dachte, dass die Kinder irgendwann nur noch peinlich berührt sind und weil ich an manchen Exemplaren dieser oft endlos langen Familiengeschichten zu kritisieren habe, dass sie eine Verherrlichung der eigenen Brut sind – na ja, irgendwie kann ich es auch verstehen ..., wobei: Ich kann auch von allen Kindern , na ja, lasse ich das mal ....).

Seit knapp 14 Tagen war ich jetzt nicht unterwegs. Oft bin ich früh morgens wach geworden. Dann bin ich die Treppe runtergeschlichen und hatte auf der letzten Treppenstufe irgendeinen Gedanken. Mit diesem oder einem anderen Gedanken  und einem Kaffee in der Hand habe ich mich dann bei Dunkelheit oder bei schummrigem Licht aufs Sofa gesetzt.  Und nichts gemacht. Oder nur gedacht. Oder auch nichts gedacht. Manchmal hörte ich es dann ein Stockwerk höher knatschen. Dann ein paar Schritte  auf der Treppe. Und dann war sie da. Stine. Bei mir auf dem Sofa. Das war dann aber immer ganz besonders schön. Falls das jetzt gleich wieder passieren sollte – es ist kurz vor 6 – dann klappe ich das (den?) Laptop sofort zu. Keine Frage!

Besonders schön war es jetzt aber auch, dass ich eben so lange am Stück zuhause war. Erstens konnte ich an Haus und Hof echt viel schaffen und zweitens konnte ich am Schreibtisch ebenso viel schaffen.  Alle Türrahmen im Haus sind gestrichen (nur merkt das keiner). Der Fernsehtisch, der seitdem „Altar“ genannt wird, wurde bastelnderweise erweitert und gestrichen. Der Treppenlauf wurde erneuert. Und und und. Und die Arbeiten am Passionszeitkalender 2016 sind abgeschlossen. Ich muss schon sagen, dass es was ganz Eigenes hat, in der Adventszeit an einem Passionskalender zu arbeiten. Und in diesem Jahr waren die Arbeiten auch etwas anders. Ich freue mich aber echt auf das Endergebnis. Mit  einer Auflage von 65000 wird das die bisher größte Auflage. Na ja, ist auch ein BEFG-Kalender. Der 5.Kalender, an dem ich mitarbeite. Da denke ich diese Tage auch an den ersten Kalender. Und an Sabine Grzibek, die sich mit so viele Elan für den ersten Kalender engagiert hat. Sie ist bereits gestorben. Ich denke oft an sie. Sie war so voller Energie. Offen. Herzlich. Kritisch. Sie hat mich schon geprägt. Ich denke besonders an sie, wenn ich den Eindruck von mir selbst habe, dass ich zu weichgespült bin. Sabine wäre klarer und auch härter gewesen.

Ich habe an Sabine gedacht – und auch zur Feder gegriffen oder in die Tasten gehauen, mit deutlichen Worten, die mir auch manche Kritik eingebracht haben/ zudem bin ich gespannt und ahne geradezu, dass da noch etwas „nachkommt“ – als es gar nicht schön war, was da so in der evangelikalen Welt kurz vor Weihnachten abging. Michael Diener, Vorsitzender der Evangelischen Allianz Deutschlands, war vor ein paar Wochen in den Rat der EKD gewählt worden (was ja schon mal besonders ist ....) und hatte in „Die Welt“ ein Interview gegeben. Als ich gelesen hatte dachte ich „Jupp, da ist endlich mal ein Evangelikaler, dem ich mich ohne Fremdschämen anschließen kann!“ Ich hatte mich richtig gefreut! Ja, da geht noch was! Ist gar nicht so schlimm, zu den Evangelikalen gezählt zu werden, wenn der Diener  an der Spitze steht und so tolle Interviews gibt. Ich hatte jedoch vergessen, dass es auch andere „Evangelikale“ gibt. Ein Sturm der Entrüstung – auch voller Entgleisungen – brach los. Da konnte ich, als von idea publiziert wurde, dass einer der angeblich bekanntesten Pastoren Deutschlands mit einer neu zu gründenden Bekenntnis-Initiative an den Start gehen möchte, nicht an mich halten. Was für ein Trauerspiel kurz vor Weihnachten. Die Christen machen mal wieder sich selbst und ihre Recht- oder Rechtsgläubigkeit zum Thema. Na ja, ich habe ja auch geschrieben. Schön dumm. Das hat mich aber so aufgeregt, dass ich an Sabine gedacht habe. Und die hat sich auch immer ein Ventil gesucht.

So, jetzt komme ich mal langsam zum Schluss und nehme mir zum x.Mal vor, wieder regelmäßiger hier zu schreiben. Vielleicht auch regelmäßiger und kürzer. Denn wer liest denn schon seitenlang im Internet? Kurzum: Ich gehe sehr dankbar aus dem Jahr 2015: Das war jetzt aber schön! Nein, nicht Alles war gut. Ich habe auch Mist erlebt und selber Mist gebaut. Aber vieles war schön. Dafür bin ich vielen Leuten, die dankenswerterweise mein Leben begleiten sehr dankbar. Und ich sage es ja auch immer wieder: Gott sei Dank, dass Vieles schön war!