Ganz schön orthodox!


Ganz unverhofft und abseits aller ökumenischen Bemühungen, die dafür sorgen, dass Kirchenvertreter unterschiedlicher Konfessionen sich auf Konferenzen, Symposien oder bei irgendwelchen wichtigen Kirchenereignissen treffen, traf ich meinen „Bruder im Herrn“ in einem kleinen niederländischen Dorf in der Nähe von Hindeloopen am Ijsselmeer.

Sinnigerweise hieß das Dorf auch noch „Himmelum“. Eine Fahrradtour hatte meine Frau und mich sowie zwei Freunde an einem herrlich sonnigen Frühjahrstag in das kleine Dorf geführt. Ein „typisch holländisches“ Dorf. Schnuckelige kleine Häuser, offene Fenster und dazu noch jede Menge niederländischer Spirit in der Vorgarten- und Gartengestaltung.

Eine sehr kleine Kirche ließ uns kurz langsamer radeln. „Uuuups, das ist gar keine Kirche, das ist ein Kloster!“ Eben anhalten und genauer untersuchen. Just in diesem Moment kam der griechisch aussehende Holländer in vollem Mönchsornat um die Ecke und bot uns eine kleine Führung an. Ein paar Minuten später standen wir, umgeben von einem guten Dutzend Ikonen, deren Herkunftsorte wir im Laufe des sich anschließenden  Gesprächs erfahren sollten, in der kleinen Kirche.

Der Mönch war eine sympathische Erscheinung. Er strahlte Ruhe aus. Er erzählte aus seinem Leben und wie es dazu gekommen war, dass in einem Dorf knapp vorm Bretterzaun der Welt ein kleines griechisch-orthodoxes Kloster entstanden war. Nachdem der Mönch dem Katholizismus den Rücken gekehrt hatte, war er viele Jahre lang in Polen in einem orthodoxen Kloster tätig. Eigentlich wollte er 1998 nur kurz nach Holland zurück, um seine Papiere für einen Daueraufenthalt in Polen zusammen zu suchen. Es kam aber anders. Er wurde, gemeinsam mit einem orthodoxen Priester, auf die kleine reformierte Kirche in Himmelum, deren Pastorin mit einem orthodoxen Christen verheiratet und kurz vor ihrem Ruhestand war, aufmerksam. 1999 wurde das Kloster eröffnet. Zwei Mal in der Woche werden Gottesdienste gefeiert. Ein paar versprengte orthodoxe Christen kommen dann zusammen.

Wir fragten den Mönch Löcher in den Bauch. Und er befragte uns nach unserem Glauben. Es ergab sich ein längeres Gespräch, in dem wir auch auf das Thema „Mission“ zu sprechen kamen.

„So etwas machen wir nicht. Wir leben unseren Glauben im Alltag. Dann ist Gott gegenwärtig und der Heilige Geist sorgt dafür, dass Menschen zum Glauben kommen.“  Und, demütig in Körperhaltung, Ton und Ausdruck fügte er hinzu: „Dass ihr zu den Menschen hingeht, das ist gut. Manche Menschen haben ja keine Christen in der Nähe. Wir sind jedoch bei den Menschen.“


Ein Lächeln legte sich auf mein Gesicht. Welch für ein bescheidener, demütiger und zugleich hingebungsvoller Christ!

Die Postkarte der Ikone vom Heiligen Nicolaas, die er mir zum Abschied geschenkt hat, zeigt den Heiligen mit einem aufgeschlagenen Buch. Zu lesen sind die Zeilen „Ich bin der gute Hirte. Ich kenne die Meinen und die Meinen hören meine Stimme!“ Zufälligerweise hatte ich ein kleines Windspielschaf von ewigkite.de mit dabei. Das habe ich ihm geschenkt. Und ich habe ihm versichert, dass die schwarze Farbe des Schafes wirklich nichts, aber auch rein gar nichts mit ihm zu tun hätte. Er hat sich gefreut. Ich nehme nicht an, dass das Schaf es in den Status einer Ikone schafft, aber sicher weht es irgendwo ganz unorthodox auf orthodoxem Grund und Boden.

Zuhause angekommen lese ich das auf Niederländisch verfasste Infoheftchen. Auch wenn die Übersetzung sicher schlecht ist, so viel habe ich verstanden ... „Orthodoxe Christen glauben, dass der Mensch nach Gottes Bild geschaffen ist (=Ikone; 1.Mose 1,26). Jedoch ist die Einheit mit Gott durch die Sünde verloren gegangen, „met de dood als gevolg.“ Durch die Menschwerdung Christi und dessen Tod und Auferstehung ist der Mensch befreit aus der Macht des Todes. Die Wiederherstellung der Gemeinschaft mit Gott und die Teilhabe an der Herrlichkeit Gottes ist dadurch wieder möglich geworden.“

Ganz schön missionarisch, denke ich mir.

Die Begegnung mit dem Mönch hat mich beeindruckt. Ich denke hin und wieder an ihn. Und ich freue mich, dass das ökumenische Miteinander in der alltäglichen Begegnung so gut gelingen kann. Und gelernt habe ich von meinem orthodoxen Bruder: Einfach da sein. Dort, wo die Menschen sind. Gott ist auch (schon) da.